Dienstag, 23. März 2010

Das gedankenlose Idol

Wenn es sich anbietet, eine Kolumne über Andre Agassi zu schreiben, nütze ich diese Chance gerne. Irgendwie interessiert der Sohn von Emmanuel Agassian, dem iranischen Boxer, jeden Tennisfan! Und daher widmete ich meinen letztwöchigen Eintrag der Exhibition zwischen Andre Agassi/Rafael Nadal und Pete Sampras/Roger Federer. Da ich das bisher verabsäumt habe, möchte ich mich diese Woche mit Agassis Autobiographie Open befassen!

Zunächst breche ich hiermit eine Lanze für den 590-Seiten-Schmöker mit Hardcover um knapp 23 Euro. Das Buch liest sich gut, der Einstieg mit dem Match gegen Marcos Baghdatis bei den US Open 2006 ist für den Tennisfan mitreißend. Danach nehmen J.R. Moehringer (Verfasser) und Andre Agassi den Leser mit auf einen Kurztrip durch das bewegte Leben des achtfachen Grand-Slam-Siegers aus Las Vegas, der letztlich sein Glück gefunden hat.

Dabei war er nach eigenen Angaben stets enorm unglücklich, Tennis spielen zu müssen. Sein Vater - ein Tennisfreak - hatte zuvor seine Geschwister zu Tennisprofis machen wollen; einzig Andre sollte letztlich den Durchbruch schaffen! Auf seine Erfolge möchte ich hier nicht eingehen, die sind legendär und machen ihn zu einem der besten Akteure aller Zeiten; und das, obwohl er es nie hatte sein wollen! Sein Vater zwang ihn mit einer präparierten Ballmaschine zu trainieren, er schickte ihn auf Turniere, später zu Bollettieri in die Akademie, trieb ihn stets an weiterzumachen. Agassi selbst war dann, wenn man so will, das Ergebnis des väterlichen Wahns.

Ihm scheint in seinem Leben vieles in den Schoß gefallen zu sein: Neben seinem Talent, auch seine Partnerinnen. Zugegeben, er lief Steffanie Graf lange zeit nach, doch letztlich war es Andres damaliger Trainer Brad Gilbert, der das ganze ins Rollen brachte. Ich erinnere mich auch an eine Anekdote, als Agassi eine Oakley-Sonnenbrille beim Daviscup trug und daraufhin vom Firmenchef ein Auto geschenkt bekam. Wie heißt es so schön: "Die Dummen haben das Glück!" Vielleicht will er sich im Buch absichtlich als dümmlichen Zocker aus Las Vegas darstellen, der einfach Glück gehabt hat; gewaltiges Glück!

Er hatte auch gewaltiges Glück, als ihm illegale Substanzen im Blut nachgewiesen wurden. Erst vor wenigen Wochen kündigte die ITF an, entgegen den Forderungen der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), den US-Amerikaner nicht belangen zu wollen! Man wollte das ja schon nicht, als man draufgekommen war: Agassi hatte Drogen genommen, das wurde ihm nachgewiesen, daraufhin verfasste er einen Entschuldigungsbrief in dem er die Schuld einem Mitarbeiter zuschob (dieser habe ihm die Drogen untergejubelt). Damit war die Sache erledigt - nach einem Telefonat mit Andres Anwälten und der ITF, wurde die Sache unter den Tisch gekehrt. Eigentlich verständlich: Er war das Tennisidol seiner Zeit. Jeder seiner Generation war irgendwie ein Fan von dem Chamäleon aus Las Vegas, wohl auch die Entscheidungsträger beim internationalen Tennisverband. Und man sperrt seinen Publikumsmagneten nicht! Bei einem Stefan Koubek, oder den Guillermos Coria und Cañas fällt die Entscheidung da schon leichter...

Für mich ist Andre Agassi gleich Tennis! Ich hätte wohl auch beide Augen zugedrückt!

Ich bin Unbreakbar

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