Montag, 7. März 2011

2:3 und der Gewinner ist das österreichische Tennis

Österreich: 2, Frankreich: 3. Brav gekämpft, trotzdem verloren - das bittere Resümee des Daviscup-Wochenendes in Schwechat. Leider hat es zum Sieg gegen Frankreich trotz unglaublicher Stimmung knapp nicht gereicht. Verantwortlich für die Niederlage ist diesmal kein Österreicher, sondern der französische Ersatzmann Jeremy Chardy. Der 24-Jährige dominierte am Freitag Top-10-Mann Melzer, am Sonntag behielt er gegen Martin Fischer und ein paar Tausend tobende Österreicher die Nerven und holte den 5. Punkt für den neunmaligen Daviscup-Sieger Frankreich.

Doch es gibt viel Positives zu vermerken:
Jürgen Melzer wollte dieses Daviscup-Duell unbedingt gewinnen! Jede Pore seines Körpers versprühte Siegeswillen, er hätte sich Arme und Beine ausgerissen um die Franzosen im achten Duell mit Österreich erstmals zu bezwingen. Gegen Gilles Simon in Match vier hat ihm seine Verbissenheit und sein Einsatz den Sieg gebracht, zum Auftakt gegen Chardy brachten ihn diese Tugenden wohl um den Erfolg.

Oliver Marach zeigte eine enorm starke Leistung im Doppel, zog Melzer phasenweise mit und holte mit dem Rücken zur Wand stehend den so wichtigen ersten Punkt für Österreich. Marach konnte nebenbei seine persönliche Doppel-Bilanz gegen Michaël Llodra auf 5:0 ausbauen.

Gilbert Schaller hat eine gute Performance geliefert. Er saß diesmal nicht nur passiv auf der Bank, sondern intervenierte manchmal beim Schiedsrichter, zeigte Emotionen und pushte die Spieler - so gut er das halt kann. Außerdem hat völlig korrekt aufgestellt! Meine Anleitung hat er befolgt. Nach Haider-Maurers Absage hätte auch ich Koubek im ersten Match gebracht, da er ja nach eigenen Angaben so toll in Schuss war. Viel wichtiger war, dass er auch auf mein Mail von Samstag, in der ich die Nominierung von Martin Fischer für das letzte Einzel empfahl, reagiert hat.

Martin Fischer hat mir auch gefallen! Er spielte im letzten Einzel so locker drauf los gegen seinen um 83 Plätze besser rangierten Kontrahenten. Chardy war zunächst vom Publikum geschockt, die knapp 5000 Fans feierten Fischer bei jedem Punktgewinn - auch bei Fehlern des Franzosen. Bei Fisch wuchs der Druck mit Fortdauer der Partie, die Aufschlaggeschwindigkeit ging jedoch mehr und mehr zurück. Ebenso wie die Anzahl der rot-weiß-roten Unterstützer, derer am Ende nur noch knapp die Hälfte im Flughafenhangar weilte. So sahen nur wenige die Tränen der Enttäuschung im Gesicht des sonst so kühl wirkenden Vorarlbergers.

Die Stimmung im Team war, sofern das von Außerhalb zu beurteilen ist, ausgezeichnet. Neben den vier Nominierten feuerten auch Julian Knowle und Alexander Peya die heimische Equipe lautstark an. Melzer selbst wollte Fischer mit Freundin Mirna Jukić zum Sieg hüpfen.

Die Stimmung in der Halle war mindestens vergleichbar mit den legendären Duellen gegen die USA 1990 und Deutschland 1994 (die allesamt 2:3 verloren gingen). Zugegeben: Die Matches sind verdammt lange her - aber ich glaube hier nicht zu übertreiben. Unter anderem erlebten wir beim Melzer-Simon-Match die wohl längste Welle, die je durch ein Tennisstadion ging - über 10 Runden... Nach Thomas Musters Stadthallen-Auftritt und dem Österreicher-Finale in der Wiener Stadthalle das nächste Highlight im heimischen Tennissport!


Nun zum weniger Erfreulichen:
Das Publikum verließ nach dem 2. Satz im letzten und entscheidenden Match zwischen Martin Fischer und Jeremy Chardy in Scharen die Halle. Im 4. Satz waren vielleicht noch 50 Prozent anwesend. Stimmung (siehe oben) machten dann nur noch die etwa 500 Franzosen, die übrigens geschlossen, top-ausgerüstet (zum Beispiel mit einem aufblasbaren Hummer) und farblich abgestimmt trommelten und feierten.

Stefan Koubek nenne ich zurecht zuletzt! Sein Auftritt gegen Gilles Simon war nur peinlich. 38 Minuten bis zum ersten Spielball, 41 bis zum ersten Gamegewinn, dem lediglich vier weitere folgten. Es war als ob ein Mann mit einem Stock ein Huhn über den Platz scheuchte. Ich schrieb Schaller am Samstag in meinem Mail: "Auch gut war, dass Sie Koubek statt dem verletzten Andi Haider-Maurer gebracht haben... Jedoch haben Sie sicher auch erkannt, dass er stinkt!" Die Gefahr einer Tripple-Null stand lange im Raum, nur der Gnade von Simon ist es zu verdanken, dass unser nun am zweitlängsten gedienter Daviscupper doch ein paar Anstandsgames machte. Seine acht Matches währende Siegesserie (4 Staatsliga-Einzel und 4 Matches bei den Staatsmeisterschaften) in Österreich ist damit gerissen.

Zu Koubek noch ein paar Worte: Er rangiert aktuell auf Weltranglistenplatz 206, Tendenz fallend. Im November 2010 prognostizierte ich seinen Ranking-Rückfall und empfahl aufs Doppel umzusteigen. Aus dem einfachen Grund weil ich nicht wollte, dass die Würgung Köllerers sein letztes Karriere-Highlight gewesen sein sollte. Nun scheint der Zug abgefahren! Einzig ein Match von Stefan Koubek gegen Thomas Muster hätte für mich aktuell noch Unterhaltungswert! Und über den Ausgang bin ich nach Koubeks Partie von Freitag nicht mehr so sicher...

Ich bin Unbreakbar

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen