Montag, 6. Juni 2011

Drei Generationen österreichisches Tennis

Zwei Wochen French Open sind vorbei. Endlich wissen wir, dass Djokovic noch schlagbar ist, dass Nadal auch einen in Topform spielenden Federer unter Kontrolle hat, und dass unser zuletzt schwächelndes Talent Dominic Thiem, es doch noch drauf hat. Außerdem kennen wir dank der immer gleichen Fernsehreklamen, die uns auf Eurosport die Seitenwechsel verlängerten, unsere nächsten Urlaubsdestinationen: Kroatien, Ägypten, Marokko und Barbados. Federer-Djokovic und Nadal-Federer waren wahre Highlights. Das Damen-Endspiel amüsierte, und mit Junioren-Finalist Thiem hatten wir sogar am letzten Spieltag noch einen Österreicher im Turnier.

Der Junior: Dominic Thiem
Kaum übe ich Kritik an einem Spieler, scheint sich dieser wieder aufzuraffen. So geschehen bei Nikola Hofmanova vor ihrem Turniersieg, und nun bei Dominic Thiem, der vor wenigen Wochen in der Landesliga B noch eine Niederlage einstecken musste und wenig später zwei Punkte am Junioren-Grand-Slam dran ist. Coach Günter Bresnik taugt es, wenn McEnroe und Wilander von Thiem schwärmen - wie in der heutigen Printausgabe des Standard zu lesen ist. Der Streit um Verbandsförderungen ist scheinbar noch nicht beigelegt. Offenbar war aber genug Geld da, um den stämmigen Bresnik nach Paris zu befördern und standesgemäß einzuquartieren. Ich möchte hier noch einmal ganz klar sagen: Wer, wie der Thiem-Clan, 25.000 Euro ausschlägt, hat das Geld offenbar nicht nötig. Sportlich war das Finale Thiems bisher größter Erfolg, die Rückkehr in die Top 10 der Juniorenweltrangliste ist ihm sicher. Der Sieg und die Wildcard für die Qualifikation in Roland Garros 2012 wäre dem Niederösterreicher aber sicher lieber gewesen. Der Junioren-Vorjahressieger Agustin Velotti durfte heuer mitspielen, überstand sogar eine Quali-Runde; während der im Vorjahr unterlegene Andrea Collarini heuer nur auf Future-Ebene hie und da einen Sieg feiern kann. Übrigens: Der letzte French-Open-Junioren-Sieger, der es später in die Top 100 der Herrenweltrangliste schaffen sollte, war Marin Cilic 2005 (er war sogar Top 10). Der letzte, der im Junioren-Finale von Roland Garros stand und später ein zweistelliges Herren-Ranking erobern konnte, war Brian Dabul (2001).

Der Senior: Thomas Muster
Auch der bisher einzige österreichische French-Open-Sieger Thomas Muster war 2011 in Roland Garros am Start. Gemeinsam mit seinem Champions-Tour-Kollegen Thomas Enqvist reichte es im Legenden-Turnier immerhin zu einem Sieg gegen die ehemaligen Paris-Champions Yevgeny Kafelnikov und Andrei Medvedev. Gegen Arnaud Boetsch und Cedric Pioline verloren die beiden hingegen. Highlight war jedoch Musters verwackeltes Video-Interview mit Andi Du-Rieux. Beim Legenden-Turnier (der Bewerb heißt wirklich so) bei den Australian Open 2011 hatte Tom noch beide Partien klar verloren. Vielleicht wollte Muster auch das Legenden-Finale (klingt einfach gut, kann man nicht oft genug schreiben) nicht spielen, da er ja in Halle beim ATP-Rasen-Turnier Qualifikation spielen durfte. Dort scheiterte er am Ukrainer Sergei Bubka - immerhin - in drei Sätzen. Es war Musters siebente Niederlage auf der "echten" Tour 2011, zwei Satzgewinne konnte er bisher verbuchen. Sein bisher einziges Match auf diesem Level gewann der Steirer im Oktober des Vorjahres, 10 Niederlagen sollten darauf folgen. Auf der Champions-Tour gewann er in Bogota immerhin seine ersten Partien des Jahres (gegen Kafelnikov, einen gewissen Mario Rincon und Younes El Aynaoui), um in Sao Paolo wieder zwei Niederlagen einzustecken. Musters aktuelle Match-Bilanz 2011: 3:13 (im Legenden-Doppel 1:3).

Der Gesperrte: Daniel Köllerer
Einer, der vielleicht nie mehr bei den French Open aufschlagen wird, ist Daniel Köllerer. Der Welser wurde von der Tennis Integrity Unit (TIU), einer Antikorruptions-Behörde der Tennisvereinigungen ITF, ATP und WTA, lebenslang gesperrt. Köllerer darf von sofort an auf der ATP-Tour weder als Spieler noch als Trainer arbeiten. Und der ÖTV will ihm das Spielen und Trainieren auch auf nationaler Ebene verbieten. Der bald 28-Jährige muss außerdem eine Geldstrafe in Höhe von 100 000 US-Dollar, umgerechnet 69 517 Euro, bezahlen. Sicher hassen ihn viele Spieler, und möglicherweise wollen ihn auch einige in etwas reinreiten. In einem Interview mit den Oberösterreichischen Nachrichten beteuert er seine Unschuld, ob er rechtliche Schritte gegen das Urteil einleiten wird, ließ er lange offen. Offenbar ist niemand von seiner Unschuld tatsächlich überzeugt, nicht einmal er selbst. Der Kurier berichtet heute, Köllerer habe eine einstweilige Verfügung beantragt. Und das ist auch gut so! Er muss rechtlich gegen das Urteil vorgehen, auch wenn er damit finanziell ein Risiko eingeht. Denn der arme Mann kann außer Tennisspielen nichts: Er ist weder mit einem scharfen Verstand gesegnet, noch hat er irgendeine Ausbildung. Er hat hingegen eine Familie inklusive Kind, für die er die Verantwortung zu tragen hat. Offenbar versucht man hier ein Exempel zu statuieren - und mit Enfant Terrible Köllerer hat man das ideale Opfer. Ich sage nicht, dass er unschuldig ist. Ich sage nur, er ist nicht schuldiger als viele andere Tennisspieler auf seinem Level.

Ich bin Unbreakbar

2 Kommentare:

  1. Stanislas Wawrinka gewann als Junior auch die French Open und kam sogar in die Top 10 ;)

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  2. Lieber anonymer Leser: Einige FO-Jun.-Sieger schafften es in die Top 10. Jedoch war Cilic (Sieger 2005) der letzte. Auch Monfils (Sieger 2004), der von dir angesprochene Wawrinka (Sieger 2003) und Gasquet (Sieger 2002) schafften es später in die Top 10.

    Bemerkenswert ist jedoch, dass keiner der in diesen Jahren unterlegenen Finalisten den Durchbruch schaffte.

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