Mittwoch, 27. Oktober 2010

Halle voll, Stimmung toll, Muster im Soll

News spricht von einer "Muster-Mania", über die "glanzvolle Niederlage" schreiben Kurier und Oberösterreichische Nachrichten, die Welt sah "großes Tennis", der Standard einen "ehrenwerten Selbstversuch". Ich meine, Thomas Musters ATP-Comeback in der Wiener Stadthalle am 26. Oktober 2010 war einfach geil!

Seit Musters letztem Finaleinzug in Wien 1995, habe ich die Halle nicht mehr so voll gesehen; von etwa 8.700 Besuchern (mit gefühlten 99% Muster-Fans) ist zu lesen. Eine Zahl die sicherlich auch auf den Nationalfeiertag und den Ladies-Day (Frauen bekamen eine Gratis-Eintrittskarte) zurückzuführen ist. Als Muster die Halle betrat, empfing ihn die Masse mit Standing Ovations. Transparente, Österreich-Fahnen und eine Halle, die vor Begeisterung tobte, empfingen den 43-Jährigen, der vom Hallensprecher als "bester österreichischer Tennisspieler aller Zeiten" vorgestellt wurde! Diesem gelang auch der Sager des Abends, als er bei der Spielervorstellung erklärte: "Als er (Muster) sein erstes Turnier auf der ATP-Tour gewann, war sein Gegner noch nicht geboren!" Da musste selbst Muster lachen.

Am Beginn sah es nach einer Hinrichtung aus: Muster kämpfte um jeden Punkt hart, zumeist vergeblich. Haider-Maurer spielte einfach zu schnell für den alten Mann, speziell wenn dessen Rückhand massiert wurde. Beim Aufschlag lagen etwa 40km/h dazwischen; Haider-Maurers Service schlug mit über 200 auf der Seite Musters ein, der hingegen mit etwa 160 das Spiel eröffnete. Als Österreichs Neo-Daviscupper Stopp-Lob mit dem heimischen Idol spielte, wachte dieses auf. In Satz 2 war es dann Muster, der bei einer Stopp-Lob-Kombi nie erahntes Ballgefühl aufblitzen lies.



Wie allzu oft in seiner "ersten Karriere", gelang es Muster auch diesmal, irgendwie ins Spiel zu finden. Er machte dann einige Punkte selbst (zuvor hatte er meist von Fehlern seines Gegners profitiert), servierte besser (20km/h schneller) und pushte sich mit Hilfe der Fans. Haider-Maurer spielte immer schwächer, das Groß der 8.700 wollte Tom siegen sehen. Es reichte dann aber doch für den 20 Jahre jüngeren, die "schwierigste Partie in seinem Leben" zu gewinnen.

Muster ist wieder fit und spielt beachtliches Niveau, das an alte Zeiten erinnert. Etwas langsamer ist er halt. Jedoch viel bemerkenswerter ist, dass Musters altes Spiel auch heute noch zu funktionieren scheint. Er macht praktisch keinen Punkt selbst, steht etwa einen Meter weiter hinter der Grundlinie als jeder aktuelle Spieler (beim Return sogar noch weiter, was die Linienrichter und Ballkinder teilweise zittern lässt) und hofft auf Fehler des Gegners. Da half auch der Materialwechsel zu Nadals Babolat-Racket wenig. Er verfügt auch über keine richtige Waffe - okay, die Vorhand ist gut, aber erzittern wird davor heute niemand mehr. Seine Schläge sind langsam, die Rückhand ist schlecht, und dennoch macht er seine Punkte. Die Zuschauer gehen mit, das hilft natürlich. Aber erklären kann ich mir das trotzdem nicht wirklich. Dennoch ist es unterhaltsam!

Haider-Maurer hat sicher mehr Respekt vor der "ehemaligen Größe eines Thomas Muster", wie Gerhard Zimmer es einst formulierte, als ihn Ernests Gulbis gehabt hätte. Dessen Absage "aus persönlichen Gründen" geht ja angeblich auf eine Nichtauszahlung von Startgeld für diesen zurück. Was nachvollziehbar wäre: Veranstalter und Muster-Manager Straka hätte für weniger Geld einen von Muster eher schlagbaren, weil schwächeren und leicht angeschlagenen, Gegner ins Rennen schicken können. Ein Drehbuchautor der amerikanischen Wrestling-Liga hätte das Comeback nicht besser inszenieren können.

Wie dem auch sei: Thomas Muster ist wieder da! Und er hat mit seiner Leistung ein weiteres Kapitel seines unglaublichen Lebens eröffnet. Philip Bauer schreibt im Standard vom "Balboa der Filzkugel". Und wie in Sylvester Stalones letztem Film über den Boxer aus Philadelphia, steckt wohl auch in Muster noch einiges. Sein Ziel will er nicht nennen, sich nicht unnötig unter Druck sezten. Ich denke, er will zu den French Open 2011 in Roland Garros!

Muster ist ein Vorbild! Sein Einsatz inspiriert ebenso, wie seine Kampfkraft, sein Wille. Ob er je eine Rückhand lernt, bezweifle ich. Beim Aufschlag ist wohl noch einiges drinnen. Beeindruckend ist die "Zementierung eines Denkmals", die ich im August angesprochen habe, allemal.

Ich bin Unbreakbar

1 Kommentar:

  1. Philip Bauer mit gutem Kommentar: http://derstandard.at/1287099919766/Kommentr-Alles-auf-eine-Karte

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